Wenn in Zweifel, nimm „B“
In unserem Fall ist es aber „A“, das englische Schlickschiff, für das wir uns entscheiden, nach einem eher vagen Versuch, den übrigen ausgewählten Booten etwas Positives abzugewinnen (abgesehen von dem deutlich niedrigeren Preis).
Also treffen wir uns erneut mit Chuck zur endgültigen Besichtigung mit Probefahrt entlang der Stör, vorbei an der Werft, vor der die Peking gerade liegt, ohne Masten, aber dennoch beeindruckend.
Das Schiff sieht für unsere unerfahrenen Augen gut aus, etwas gebraucht, mit ausgefransten Leinen und Schoten und kleineren Dellen und Beulen aussen, sozusagen „preloved“.
Aber der Motor springt an und tuckert ruhig vor sich hin, nirgendwo läuft Wasser rein, es sinkt nicht, und es gefällt uns immer besser.
Es ist beschlossene Sache, dieses Schiff oder gar keins. Handschlag mit Chuck, Überweisung von jeder Menge Geld, Treffen beim Notar, Registrierung beim Schiffsregister, Funkgerät ummelden, Bundesnetzagentur, jede Menge Bürokratie…
Ach ja, und wo soll Schiffi wohnen im Winter? Am liebsten würde ich es mit nach Hause nehmen, aber dafür ist es wohl ein bisschen zu gross.
Weil einige Teile und Innereien selbst für unser ungeübtes Auge nicht sehr vertrauenserweckend scheinen, suchen wir eine Werft für das Winterlager, da kann Schiffi gleich untersucht und wenn nötig, operiert werden.
Und natürlich auf der Niedersachsenseite der Elbe, damit das leidige Problem der Elbquerung aus der Welt geschafft werden kann.
Bremen, Bremerhaven, Cuxhaven, wir rücken immer näher an die Nordsee und entscheiden uns für Cuxhaven (die Werft ist in der Kapitän-Alexander-Strasse zuhause und mir gefällt der Strassenname, wie man sieht treffe ich meine Entscheidungen immer nur nach sorgfältigem Abwägen aller Argumente).
Auf geht es von Glückstadt nach Cuxhaven mit Zwischenstopp in Otterndorf, welches mir bislang nur als Klassenfahrtsziel der niedersächsischen Grundschüler bekannt war.
An Bord sind der Mann an meiner Seite und ich, als aufgeregte Neulinge und natürlich Chuck, der ehemalige Besitzer, der sich nur schwer von dem Schiff trennen kann und uns großzügig nautische Unterstützung angeboten hat.
Chuck übernimmt das Kommando, damit wir es überhaupt schaffen, abzulegen und es los gehts auf die Elbe.
Schleusen, Fahrrinnen, rote, grüne und sonstige Tonnen, riesige Containerschiffe ganz nah, unser erstes Mal bringt schon Hochseefeeling für uns.
Stolz lenken wir abwechselnd das Schiff, während Chuck Seemannsgarn spinnt und sich über unserer eifrig vorgetragenes Wissen aus dem SBF-Kurs amüsiert.
Es fängt an zu regnen, wir queren das Fahrwasser, „der Winkel ist schietegal, Hauptsache, ihr beeilt euch“, meint Chuck, „sonst kommen wir nicht mehr in den Hafen rein!“
Unsere erste Bekanntschaft mit dem Gezeitenrevier steht bevor. Chuck übernimmt das Steuer und lenkt gekommt und entspannt zwischen die Pricken, ohne mit der Wimper zu zucken.
„Wie tief ist es denn?“ frage ich.
„Das wollt ihr gar nicht wissen“ grinst Chuck.

Es war wohl nur die berühmte Handbreit Wasser unter dem Kiel 😉