SKS-Kurs, Teil 2

SKS-Kurs, Teil 2

Am nächsten Morgen weckt uns der Duft von frischem Kaffee.

Dieser typische Klischeesatz stimmt nicht so ganz, zwar riecht es nach frischem Kaffee, aber geweckt hat uns die manuelle Pumpe der Toilette nebenan zeitgleich mit dem rhythmischen Tropfen des Kondenswassers, welches stetig vom Lukenrand auf die Matratze fällt.

Irgendetwas hält mich gefangen, es ist der Schlafsack, der sich während der Nacht schraubenartig um mich gewickelt hat wie eine Schlingpflanze, so dass der Reissverschluß unter mir liegt; ich winde mich und zappele, um an ihn heranzukommen und wecke dabei versehentlich den Mann an meiner Seite, der ein Auge öffnet und etwas Undefinierbares brummt.

Geübt in der Interpretation seiner frühmorgendlichen Geräusche wünsche ich ihm auch einen guten Morgen und mache mich auf, Richtung Kaffee.

Gerade noch rechtzeitig fällt mir ein, das ich das einzige Mädchen an Bord bin und sprinte zurück, um mir eine Hose anzuziehen, da ich meinen Mitseglern den Anblick meiner Unterwäsche am Morgen ersparen möchte.

Ich hätte mir keine Sorgen machen müssen, mit einem dampfenden Kaffeebecher in der Hand kommt mir Ozzy in einem buntgemusterten Frotteeponcho, Socken und Sandalen entgegen.

Nach dem Frühstück geht es los.

Dachten wir.

Unser Bestimmer hat andere Pläne, erstmal erfolgt die Sicherheitseinweisung, die Schiffseinweisung, welche Hähne man besser schliessen sollte nach Gebrauch oder auf See und wie oft man die Toilettenspülung abpumpen sollte (15 Mal). „Ich zähle mit“ droht der Bestimmer.

Dann geht es los.

Zum erneuten Einkaufen, wir haben Salz vergessen.

Unsere Stegnachbarn, die den Schlechtwetterkurs gebucht haben, legen bereits ab und winken uns fröhlich zu. Die Sonne scheint, es ist kaum Wind, ich hole die Sonnencreme aus einer der Segellatzhosentaschen.

Die Einkäufer kehren wieder, verstauen die neuen Bierdosen (und das Salz) und dann geht es aber wirklich los.

Alle zwängen sich in ihre diversen Kleidungsschichten, teilweise brandneu, steife Latzhosen, Jacken, Rettungswesten und Segelstiefel, im Cockpit angekommen, stellt sich heraus, das drei Leute dieselben makellosen Schuhe tragen, man erkennt die Anfänger sofort.

Jetzt geht es los.

Ins Hafenbecken.

Unter Motor, jeder soll abwechselnd steuern, ein Gefühl für das Schiff bekommen, drehen auf engem Raum.

Dann geht es endgültig los, aus dem Hafenbecken, raus auf das Ijsselmeer, Kurs Makkum.

Wind kommt auf, der Bestimmer gibt das Kommando, wir setzen die Segel, erstaunlicherweise klappt alles auf Anhieb, der Motor wird ausgeschaltet.

Es wird ruhig. Wir segeln.

Da ist es wieder, dieses Glücksgefühl.

„Denkt ihr etwa, ihr macht hier Kojencharter?“ Mein Zen-Moment wird roh unterbrochen durch die Stimme des Bestimmers. „Los, Wende fahren, Ihr seid hier zum Üben, nicht auf einer Kreuzfahrt!“

Hatte ich schon erwähnt, dass der Bestimmer im früheren Leben Lehrer war? Man merkt es kaum…

So vergeht der weitere Tag, Manöverkreise, Wenden, Halsen, Am Wind, Raumwind, Halbwind, Kompasskurs… unsere GPS-Trackstrecke ähnelt am Tagesende einem Wollknäuel.

Irgendwann beschliesst der Bestimmer, dass es reicht und wir segeln nach Makkum.

Im Hafen angelegt, wir schälen uns aus dem Ölzeug, müde und hungrig.

„Was gibt es zu Essen?“ Vier Augenpaare sehen mich bettelnd an wie eine Horde Labradorwelpen vor der leeren Futterschüssel.

„Einmal noch kochen, darauf kann ich mich einlassen“, seufze ich und zünde die Gasflamme an.

Wir waren fleissig 🙂
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