SKS-Kurs Teil 3

SKS-Kurs Teil 3

Ein neuer Morgen, wieder Kaffee, Schlingpflanzenschlafsack, Gebrumme neben mir, alles schon Routine.

Aber irgendetwas ist anders.

Es ist windig, richtig windig, der Himmel ist grau, voller Wolken und droht mit Regenschauern.

Nebenan am Steg freut sich die Gruppe vom Schlechtwetterkurs, darauf hatten sie gewartet, „Wir sehen uns dann vielleicht heute abend auf Terschelling, falls ihr es dahin schafft!“ rufen sie rüber.

Das hat der Bestimmer gehört. Die Augen verengen sich, das Kinn wird vorgeschoben, ein Westernheld kurz vor dem Duell, High Noon.

„Los jetzt, zack zack, ablegen, macht hinne“ ruft er uns zu, „Kurs, wie wir gestern abend besprochen haben! Die kriegen wir schon noch!“

Ich kann mich nicht erinnern, irgendetwas besprochen zu haben, vermutlich, weil ich mit dem Kopf auf der Teetasse am Tisch eingeschlafen war. Anscheinend habe ich auch den Teil “ und dann liefern wir uns ein Rennen mit dem Schlechtwetterkurs“ verschlafen.

Wir geben uns Mühe, den Anordnungen des Bestimmers Folge zu leisten, irgendwie legen wir ab und finden die Fahrrinne, orientieren uns an der Betonnung, Richtung Waddenzee, Terschelling.

Wir machen gute Fahrt, es fühlt sich gar nicht so windig an bei Raumwind, kurz bricht die Sonne durch die Wolken, ich steuere und denke, “ das mit dem Wind ist ja gar nicht so schlimm“, als die Fahrrinne die Richtung ändert.

Plötzlich wird alles anders, wir sind hart am Wind, das Schiff in Schräglage, Ozzy freut sich, „Die Reling muss unter Wasser!“ ruft er fröhlich, während der Bestimmer den Horizont nach unserem Gegner absucht.

„Da sind sie!“ ruft er. Wir wechseln den Steuermann, damit jeder mal schräg stehen und mit dem Ruder kämpfen darf und das Rennen beginnt.

Das Bestimmer hat Spass, Ozzy auch, der Rest beobachtet das andere Boot, sieht es immer näher kommen, fast in Reichweite, wir fragen zaghaft, ob das nicht zu nah ist, der Bestimmer lacht nur und zieht noch weiter seitlich ran, um der Konkurrenz den Wind aus den Segeln zu nehmen.

Das Wetter wird immer schlechter, die Sicht auch, der Wind kommt in Böen bis Beaufort 8, Wasser spritzt über das Vordeck und die Sprayhood, aber wir haben die anderen abgehängt, Triumph! und ein Hurra auf die Pharmaindustrie und die kleinen rosa Vomexpillen!

Noch im Hochgefühl schlägt während der Wende die Fock um, es könnte sein, dass wir die Schoten zu langsam dichtgeholt haben, die Fahrt wird langsamer, der Bestimmer versucht zu halsen, um die Fock zu enttüdeln, da kommt der Baum abrupt rüber, es knallt und das Großsegel flattert nur noch im immer stärker werdenden Wind, plötzlich fahren wir gar nicht mehr.

Der Schlechtwetterkurs zieht an uns vorbei, sie winken uns fröhlich zu.

„Scheisse“ flucht der Bestimmer, „los, Motor an!“

Wir erwachen aus der Schockstarre; von „Super, wir sind schneller“, zu „Oh Gott, wir werden alle sterben“ in 10 Sekunden, das ist Segeln!

„Los, einer muss nach vorne an den Mast und kurbeln, Gross einholen.“

Vorne ist das, wo alles nass, rutschig, windig und schaukelig ist und das kalte Waddenzeewasser über das Deck spritzt.

Der Blick des Bestimmers gleitet über uns, kurzes Abschätzen des Geschlechts, Alters, der körperlichen Fitness und allgemeiner Nützlichkeit. „Clark, geh nach vorne, mach schon!“

Clark erblasst, sieht sich um, ob nicht irgendein bislang unsichtbar gebliebener Teilnehmer gleichen Namens hinter ihm steht, findet niemanden und ergibt sich in sein Schicksal; sich an allen greifbaren Vorsprünge und Relingen festkrallend, kriecht er im Zeitlupentempo nach vorne.

Dort angekommen, mutiert er auch ohne Telefonzelle zu Superman, mit wehendem Umhang und Stirnlocke kurbelt er das Gross rein, während wir tatkräftig im sicheren Cockpit ziehen, geschafft.

Wir haben einen Helden! Nach mehreren Minuten Pause, während er sich am Mast festklammert, schafft er es, loszulassen und vorsichtig zurück ins Cockpit zu balancieren, wo wir ihn mit einer Konfettiparade in Empfang nehmen, während der Bestimmer das Schiff nach Terschelling steuert.

Die Stimmung des Bestimmers hellt sich merklich auf, da die gegnerische Crew mittlerweile beidrehen mussten, anscheinend haben sie ebenfalls Segelprobleme, das Gross hat einen Riss.

Im Hafen angelegt, führt der erste Weg zum Toilettengebäude, danach besichtigen wir den Schaden, die Fock wird wieder richtig herumgerollt und das Unterliek des Großsegels inspiziert.

„Haha, war doch klasse!“ freut sich der Bestimmer, „und das ausgerissene Auge reparieren wir nachher mit einem Palstek“; als ehemaliger Lehrer nutzt er die Situation für eine Stunde Knotenkunde nach dem von mir zubereiteten Abendessen (Da waren sie wieder, die Labradorwelpen!).

„Und morgen gibt es Kibbeling“ ist das letzte, was wir hören, bevor wir in den Schlafsack kriechen.

Die anderen, noch hinter uns!
Leuchtturm, mal nicht rund..
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