Schon wieder da!
Der Sommerurlaub ist da, wir laden das Auto voll und fahren los zum Schiff.
Diesesmal wollen wir allein fahren, ohne Chuck, ohne Lehrer, nur wir zwei.
What could possibly go wrong?
Der Mann an meiner Seite hat grosse Pläne, bis nach Holland soll es gehen, Terschelling, als Wiederholung der Nahtoderfahrung SKS-Kurs, sehen, was wir schon dazugelernt haben.
Aber erstmal nach Helgoland, zum Bunkern von allem, was man dort so bunkern kann; der traditionelle Start jeder Reise.
Ich setze mich durch mit dem Wunsch, tagsüber auf Helgoland anzukommen, der Mann an meiner Seite guckt ein wenig enttäuscht, aber ich bleibe hart, keine Nachtfahrt, diesmal möchte ich mehr sehen als das Innere meines Eimers und “ noch 6 Seemeilen bis Düne-Süd“ ist eine genauere Angabe als “ noch sechmal kotzen, dann sind wir da!“
Nachdem die Waffen der Pharmaindustrie sich als ähnlich nützlich erwiesen hatten wie eine Teekanne aus Schokolade und auch der viel gepriesene Ingwer nur der Aromatisierung des Mageninhaltes diente, habe ich das elektronische Kaufhaus befragt und eine Geheimwaffe in Form eine Akupressurarmbandes erworben, dessen Produktbeschreibung mich überzeugte, demnach handelte es sich bei dem 2 cm breiten Stück Ärmelbündchen mit eingelassenem Plastikknopf um das „Armband gegen Transportschäden, es funktioniert bei Meeresschmerzen“, zudem sei es „geeignet für alle Menschen und für Frauen… Reisen sie ruhig und vermeiden sie Krankheit“
Mit der Gewissheit, auch als Frau der Spezies Mensch anzugehören, legen wir ab, mit etwas Verspätung, geschuldet der hektischen Suche nach dem Impfausweises des Mannes an meiner Seite, welcher vor Abfahrt davon überzeugt war, dass das gelbe Heftchen auf dem Schiff geblieben war. War es nicht…
„Dann halt Stäbchen in die Nase für Dich“, sage ich und fächele mir mit meinem Impfausweis lächelnd Kühlung zu…
Wir legen trotzdem harmonisch ab.
Der Weg nach Helgoland verlief grösstenteils harmlos.
Wir müssen motoren, da wir vergessen hatten, Rasmus vor der Abfahrt mit einem Glas Talisker zu bestechen, das bedeutet Flaute.
Es ist tatsächlich noch hell, als wir, in unseren Augen schon ziemlich routiniert, an einem freundlichen Schiff aus den Niederlanden anlegen, wobei eine vertüdelte Leine unseren professionellen Eindruck zunichtemacht.
Essen kochen, schlafen und am nächsten Tag Rundgang über die Insel; die Lummen sind weg,
Die Basstölpelküken liegen in ihren Nestern wie das Urmel aus dem Eis, kahle schwarze Echsenhaut schimmert zwischen den neuen Federn und den flaumigen Resten der Babydaunen durch, sie heben ihre Köpfe nur, um lautstark Futter einzufordern; Jurassic Park am Lummenfelsen…
Am nächsten Tag scheint die Sonne, auf dem Schiff gegenüber wird die Yogamatte ausgebreitet für den Sonnengruss.
Trotz der intensiven Bemühungen des maritimen Yogajüngers fühlt sich die Sonne nicht ausreichend gewürdigt und verschwindet beleidigt hinter einer Wolkenwand, das Barometer fällt, es wird windiger, die Wind-Apps wechseln die Farbe von sanftem lilablau zur orangerot.
Wir beschliessen, noch ein oder zwei Tage länger zu bleiben, genau wie die meisten im Hafen. Am Abend dann verdunkelt sich der Himmel, hinter dem Leuchtturm schieben sich schwarze Wolken zusammen, eine dramatische Kulisse, aus der sich eine horizontale Rollwolke löst wie der Vorspann eines Katastrophenfilmes; plötzliche Sturmböen, Blitz und Donner.
Mich trifft etwas an der Schulter, „Sharknado!!“ denke ich panisch, aber es war nur ein riesiger Regentropfen, rasch gefolgt von seinen hunderttausend Freunden.
An nächsten Tag lässt der Wind nach, wir beschliessen nach Borkum zu fahren.

