Kurs auf Borkum

Kurs auf Borkum

Es ist sechs Uhr morgens, unser Nachbar ist schon wach, wir klopfen bei den restlichen 4 Päckchenliegern an.

Nach und nach krabbeln mehr oder weniger wache, mehr oder weniger gut gelaunte Skipper aus den Kajüten, lösen im Halbschlaf die Leinen, kreisen kurz im Hafen und machen wieder fest, morgendliches Schiffstetris auf Helgoland.

Der müde Nachbar mit dem grossen Motorboot grinst und legt sich an unseren ehemaligen Platz direkt am Steg zum Weiterschlafen, lange Freude daran hat er nicht; während der Fahrt hören wir über Funk, dass der Hafen geräumt werden muss, eine Weltkriegsbombe soll entschärft werden.

Wir laufen aus, Richtung Borkum, unsere erste lange Fahrt nach anderswo liegt vor uns, inklusive Einlaufen in einen unbekannten Hafen, wir sind ein wenig aufgeregt, haben es aber geschafft, alle Luken zu schliessen.

Helgoland liegt rasch hinter uns, wir sind wieder unter Motor unterwegs, es ist windstill, das Wasser glatt.

Die Sonne geht auf, das Meer glänzt wie Quecksilber, neben uns fliegen die vom Lummenfelsen verschwundenen Lummen, tauchen nach Fischen, über uns stürzen sich die Basstölpel ins Wasser, mit glitzernden Fischen im Schnabel kommen sie wieder an die Oberfläche.

Der Plotter spielt mit, diesmal gibt es keinen Kurzschluß, dievon uns angeschuldigte offene Steckbuchse ist sicher mit einer Kappe abgedeckt, den Rest hat Wet and Protect besorgt.

Wir steuern nach dem vorher festgelegten Kurs, gleichen mit der Papierkarte ab und lassen den Autopiloten arbeiten.. wenn wir jetzt noch segeln könnten..

Der Wind nimmt minimal zu, wir setzen optimistisch die Genua, unser Grosssegel möchte immer noch nicht freiwillig aus dem Mast rollen, uns fehlt Chuck und seine Methode, das Segel mit roher Gewalt aus dem Mast zu ziehen.

Die Genua bläht sich ein wenig, wir stellen den Motor aus, Stille.

Wir machen etwa 1-2 Knoten Fahrt, dann hängt die Genua schlapp herunter, der Wind ist weg.

Genua rein, Motor an, weiter geht es Richtung Borkum.

Unterwegs müssen wir Verkehrstrennungsgebiete kreuzen, wir zählen die Inseln (war das jetzt Wangerooge? Langeooge? Sonstwelche ooge?) , fahren beinahe gegen eine Ankerkette einer Arbeitsplattform (dabei haben wir die gelbe Wanrboje sogar gesehen, aber missinterpretiert), neben uns tauchen Rückenflossen auf, „Haie?“ nein, Schweinswale, sie interessieren sich nicht für unser Schiff, eine Robbe taucht vor uns auf, von ihr werden wir kurzfristig beäugt, aber für zu langweilig befunden, sie taucht wieder ab.

Über Borkum wird der Himmel dunkler, Wolken türmen sich auf wie mittelalterliche Burgen, steigen höher, verbreitern sich, ein Gewitter naht.

Durch das Fernglas ist der Strand von Borkum zum Greifen nah, trotzdem ist der Weg noch weit, in einem grossen Bogen müssen wir ins Emsfahrwasser.

Kurz vor der Hafeneinfahrt fängt es an zu regnen, ein sanfter Nieselregen, das Gewitter zieht über das Festland hinweg, Glück gehabt. Wir fahren zwischen den Tonnen lang, neben uns zeigt sich eine Sandbank, der Mann an meiner Seite wird darauf aufmerksam gemacht, dass er exakt zwischen den Markierungen fahren sollte, keine Ahnung, warum er meine hilfreichen Ratschläge nur mit einem Augenverdrehen beantwortet…

Im Hafen ist es voll, wir legen uns neben ein Schiff, welches einladend seine Fender herausgehängt hat.

Am nächsten Morgen wird die Insel erkundet, angefangen mit dem Hafencafe und einem sehr leckeren Frühstück, der Bus fährt beim Feuerschiff ab, eine kleine Inselrundfahrt, der Strand und die Fußgängerzone, trotz Corona sind viele Gäste dort, ich esse Eis, der Mann an meiner Seite kauft eine sprechende Plüschmöwe …

Wieder im Hafen planen wir die restliche Fahrt, für Holland wird die Zeit zu knapp, der vorhergesagte Wind ist auch gegen uns, also überlegen wir für einen oder zwei Tage nach Wangeooge zu fahren und von dort zurück nach Cuxhaven und mit der passenden Tide nach Otterndorf.

Borkum bei Nacht

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